Wie Patriarch René Benko sein Privatvermögen beschützt – selbst vor Gerichtsentscheiden (2024)

Jeder Unternehmer muss mit dem Risiko leben zu scheitern. Dann ist das Stammkapital der Firma meist verloren. Das private Vermögen lässt sich jedoch mit einer Familienstiftung schützen. Ein Gespräch mit dem Experten Sascha Drache.

Wie Patriarch René Benko sein Privatvermögen beschützt – selbst vor Gerichtsentscheiden (1)

Das Immobilien- und Handelsimperium des Unternehmers René Benko wackelt gewaltig. Ende November musste mit der Signa Holding bereits die Dachgesellschaft der Gruppe in Österreich Insolvenz anmelden, auch einige Subgesellschaften sind schon pleite. Doch Benko flog kurz davor mit der Familie im Privatjet nach Barcelona – offenbar zum Shoppen. Er kann es sich leisten, denn unabhängig von der Entwicklung bei Signa dürfte das Familienvermögen dank der «Familie Benko Privatstiftung» gesichert sein – das gilt selbst dann, wenn es Benko juristisch an den Kragen gehen sollte.

Stiftung schützt Vermögen gegen Forderungen

«Der Milliardär hat die Privatstiftung schon 2017 clever neu aufgesetzt, um sein Vermögen zu schützen», sagt Sascha Drache, ein erfahrener deutscher Stiftungsberater und Stiftungsmanager. Das sei nicht ehrenrührig, sondern vorausschauend gewesen. Firmen, ob gross oder klein, könnten nun einmal in Schieflage geraten. «Deshalb sollten Eigentümer in guten Zeiten etwas zurücklegen, wie normale Sparer», sagt Drache. «Dabei ist die Familienstiftung wohl die einzige Konstruktion, die das Chaos einer Insolvenz überlebt und das Vermögen der Familie gegen mögliche Forderungen abschirmt.»

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Eine Stiftung ist vereinfacht gesagt eine verselbständigte Vermögensmasse. Die Stiftung kann gemeinnützig sein und zum Beispiel philanthropischen Zwecken dienen. Sie kann aber auch privatnützig sein und der wirtschaftlichen Versorgung des Stifters und seiner Familie sowie den nachfolgenden Generationen dienen. Stiftungen profitieren dabei von einem gesetzlichen Vermögensschutz. Experten sprechen dabei auch von einem «institutionalisierten Familienmitglied mit ewiger Treueverpflichtung».

Jede Stiftung hat einen Stifter, einen oder mehrere Leistungsempfänger (Destinatäre), einen (externen) Vorstand sowie eine Satzung und einen Stiftungszweck. Transparenz nach aussen wird dabei sehr klein geschrieben. Die Satzung einer Stiftung, die Einlage, die Begünstigten und vieles mehr sind geheim und für die Öffentlichkeit nicht erkennbar. «Das gilt auch für die Familie-Benko-Stiftung», sagt Drache. Man kennt nur den Vorstand, das sind derzeit Markus Mühlberger und Karin Fuhrmann. Der Signa-Manager und die Steuerberaterin mit Schwerpunkt Immobilienwirtschaft gelten seit Jahren als enge Vertraute von Benko.

Das Stiftungsrecht unterscheidet sich von Land zu Land etwas. In Deutschland darf der Stifter zugleich auch Leistungsempfänger und Vorstand der Stiftung sein. Es ist lediglich verboten, dass er alleiniger Leistungsempfänger ist. In Österreich ist dagegen ein externer Vorstand verpflichtend. Oft übernehmen Anwälte diese Funktion. In der Regel sprechen die Stifter dazu eine Person ihres Vertrauens an. Für die Satzungen von Privatstiftungen gibt es eine hohe Flexibilität, was das Konstrukt ebenfalls attraktiv macht. Dazu kommen häufig gewisse steuerliche Vorteile.

Komplizierte Struktur der Signa-Gruppe

Drache macht zum Verständnis ein Beispiel mit einer GmbH, also einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. In diese bringt ein Unternehmer typischerweise 25000 Euro Stammkapital ein. Damit haftet er auch im Fall einer Insolvenz. Idealerweise laufen über die Jahre bei dem Unternehmen in erfolgreichen Zeiten jedoch erst einmal einige Gewinne auf. Verbleiben diese Gewinne allesamt innerhalb der Firma, wären sie bei einem Konkurs ein Teil der Insolvenzmasse.

Schüttet sich der Unternehmer aber immer einen Teil der Gewinne aus, zahlt er dafür zwar einmal Kapitalertragsteuer, danach gehört ihm das Geld aber komplett. Haben sich genug Mittel angesammelt, kann man diese in einer Familienstiftung anlegen, um das Geld für den Fall der Fälle zu schützen. Bei einer Insolvenz verliert der Unternehmer dann zwar sein einstiges Stammkapital, er hat aber einen Teil des aufgebauten Vermögens in der Stiftung geschützt.

So dürfte es nach der Einschätzung von Drache auch bei der Familie-Benko- Privatstiftung gelaufen sein. Diese hält 10 Prozent an der nun insolventen Signa Holding sowie 74 Prozent an der Supra Holding, die wiederum 56 Prozent der Signa Holding besitzt. Die Stiftung hat also in früheren Jahren Kapital in die Signa Holding eingeschossen, das nun durch das eingeleitete Insolvenzverfahren im Feuer steht. Zugleich dürfte die Signa Holding jedoch immer wieder Gewinne an die Supra Holding und die Familie-Benko-Privatstiftung abgeführt haben. Dieses Geld ist vor dem Konkursverfahren geschützt.

Wem die Signa Holding gehört

Beteiligungen in Prozent (Stand Januar 2023)

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Quelle: Unternehmensangaben

NZZ / am.

«Das Geld ist selbst dann sicher, wenn Benko juristisch belangt werden sollte, zum Beispiel wegen Insolvenzverschleppung oder anderer juristischer Vorwürfe», erklärt Drache. Das sei auch deshalb gerechtfertigt, weil er keinen direkten Zugriff auf die Stiftungsgelder habe, über die der Vorstand der Satzung entsprechend wache. Sollte René Benko zu den Begünstigten gehören, könnte ihm im Fall der Fälle jedoch eine Pfändung drohen, falls die Gläubiger ihn direkt belangen wollten. In diesem Fall müsste Benko auf andere von der Stiftung begünstigte Familienmitglieder hoffen, die ihn finanziell unterstützen.

Das Stiftungsmodell ist in Deutschland, Österreich, der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein, aber auch in den USA und anderen Ländern verbreitet. Stiftungen dienen nicht nur dem Schutz vor rechtlichen und politischen Risiken, sondern auch der Senkung der Steuerbelastung, der Bewahrung des Familienvermögens und der Reduktion von administrativen Lasten in einer wohlhabenden Familie.

Deutsche Stiftung am besten kontrollierbar

Manchmal werden Stiftungen auch als Testament 2.0 bezeichnet, da der Stifter so nach seinem Tod generationsübergreifend über das Vermögen mitbestimmen kann. Typischerweise sollte jedoch mindestens ein liquides Stiftungsvermögen von 500000 bis 1 Million Euro vorhanden sein. Für eine Stiftung in Liechtenstein müsste die Summe wohl deutlich grösser sein, da diese vor Ort geführt und verwaltet werden müsste.

In Deutschland gab es im Jahr 2020 laut dem Bundesverband Deutscher Stiftungen gut 1300 Familienstiftungen. Dazu kamen Tausende anderer Stiftungen mit Zwecken wie Bildung, Kunst und Kultur, Wissenschaft, Gesundheit und Sport, Umwelt oder Religion und Kirche. Zu den 23000 rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts gibt es noch gut 7000 Stiftungen mit anderen Rechtsformen. Dabei haben knapp zwei Drittel der Stiftungen weniger als 1 Million Euro Stiftungskapital, nur 7,8 Prozent haben 10 Millionen oder mehr.

Drache zieht persönlich eine Stiftung nach deutschem Recht vor, da diese vom Stifter kontrolliert werden kann. Das sei in keinem anderen Land der Fall – auch nicht in Benkos Heimat Österreich.

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