Nach der grössten Firmenpleite in der Geschichte Österreichs ist der Signa-Gründer auch privat zahlungsunfähig und verliert die Verfügungsmacht über sein gesamtes Vermögen. Was heisst das für seine Zukunft – und für Gläubiger wie die Schweizer Banken?
Meret Baumann, Wien, Matthias Benz
4 min
Neue Vorlese-Stimmen
Eine verbesserte Vorlesefunktion steht zur Verfügung. Probieren Sie es aus!
Der Zusammenbruch der Signa-Gruppe hat nun auch direkte Folgen für ihren Gründer René Benko. Der Tiroler Unternehmer beantragte diese Woche beim Landesgericht Innsbruck die Insolvenz als Einzelunternehmer, dem das Gericht laut dem österreichischen Kreditschutzverband 1870 (KSV 1870) am Freitag stattgab.
Der Antrag auf Insolvenz als Einzelunternehmer betrifft Benkos Beratungsfirma. In der Folge kommt dies allerdings einem Antrag auf Privatkonkurs gleich, weil er dafür mit seinem gesamten Privatvermögen haftet. Laut dem KSV 1870 beantragte der Signa-Gründer ein Konkursverfahren und keine Sanierung – das kann jedoch im Verlauf des Prozederes noch geändert werden. Das Gericht hat auch bereits einen Anwalt als Insolvenzverwalter bestellt. Benko verliert damit die Verfügungsmacht über sein gesamtes privates Vermögen.
Im Visier der Behörden
Die Frage, wie es um die persönlichen Vermögensverhältnisse des Immobilieninvestors steht, wäre in diesen Wochen ohnehin geklärt worden. Ende Januar hatte die Republik Österreich in Innsbruck einen Insolvenzantrag gegen ihn gestellt – damit geriet Benko erstmals persönlich ins Visier der Behörden.
Laut Medienberichten soll der Anlass dafür zum einen eine offene Steuerforderung gewesen sein, zum anderen, dass der Unternehmer seiner Verpflichtung im Sanierungsverfahren der Signa-Holding zum Einschuss von drei Millionen Euro nicht vollumfänglich nachgekommen sei. Die Republik ist selbst auch Gläubigerin der Dachgesellschaft.
Das Gericht ordnete eine Frist zur Einreichung von Dokumenten an, die diesen Dienstag abgelaufen ist. Benko beantragte darauf selbst die Insolvenz. Der Insolvenzverwalter erhält nun Einblick in seine gesamten Vermögensverhältnisse und muss klären, ob und wie der Unternehmer entschuldet werden kann. Es kann auch zur Verwertung des privaten Eigentums kommen.
Wichtig ist vor allem auch, dass der Insolvenzverwalter Benkos Finanzströme bis zehn Jahre zurück prüfen kann. Verdächtige Geschäfte, die Gläubiger benachteiligen könnten, weil Vermögen verschoben wurde, können angefochten werden. Untersucht werden auch die Beziehungen zu den verschiedenen Signa-Unternehmen und allfällige wechselseitige Vermögensbewegungen.
Keine Folgen für Schweizer Banken
In den kommenden Wochen können nun Gläubiger Benkos ihre Forderungen anmelden. Die Summe der Verbindlichkeiten ist unklar. Die gerichtliche Prüfung der Forderungen soll dann am 24.April stattfinden. Der regionale Leiter des KSV 1870 erklärte, er erwarte ein langes und komplexes Konkursverfahren.
Auf die Abwicklung der laufenden Insolvenzverfahren im Signa-Imperium hat Benkos private finanzielle Situation keine Auswirkungen. Die über seine Familie-Benko-Privatstiftung gehaltene Beteiligung könnte zwar weitgehend wertlos werden, darüber hinaus haftet der Firmengründer aber nicht mit seinem Privatvermögen. Die zahlreichen Gläubiger, unter ihnen auch viele Schweizer Banken, halten ihre Forderungen gegen die verschiedenen Signa-Gesellschaften und müssen auch von diesen befriedigt werden.
Vermögen liegt in Privatstiftungen
Dass Benko als Privatperson mutmasslich insolvent ist, heisst zudem nicht, dass er in den nächsten Jahren als armer Mann wird leben müssen. Benko hat schon früh grosse Teile seines Vermögens in Stiftungen eingebracht – und damit formell von seiner Person getrennt. Die wichtigsten Stiftungen in seinem Umfeld sind die Familie-Benko-Privatstiftung und die Laura-Privatstiftung in Österreich sowie die Ingbe-Stiftung in Liechtenstein.
Der offizielle Zweck dieser Stiftungen ist die «Versorgung der Begünstigten». Bekannt ist, dass Benkos Mutter Ingeborg zu den Begünstigten gehört sowie seine Kinder wie die älteste Tochter Laura. Sie können auf regelmässige Zuwendungen der Stiftungen zählen. Benkos Familie dürfte also gut versorgt sein, selbst wenn er persönlich nicht zu den Begünstigten der Stiftungen gehören sollte.
Wie viel Geld ist vorhanden?
Wie es den drei Privatstiftungen derzeit finanziell geht, lässt sich von aussen kaum beurteilen. In der Familie-Benko-Privatstiftung hält der Immobilienunternehmer vor allem die Beteiligungen an den Firmen der Signa-Gruppe, die ihren Wert wohl verloren haben. Allerdings dürften in den guten Jahren auch hohe Dividenden aus den Signa-Firmen in die Stiftung geflossen sein. Sie sind möglicherweise noch vorhanden.
In der Laura-Privatstiftung bündelt Benko private Vermögenswerte wie sein Wohnhaus nahe Innsbruck, zahlreiche Immobilien in Österreich, seine Jacht «Roma» oder eine Kunstsammlung. Sie dürften weiterhin einen Wert besitzen, allerdings soll die Laura-Privatstiftung auch beträchtliche Schulden aufgenommen haben.
Über die Vermögensbilanz lässt sich ebenfalls bei der nach seiner Mutter benannten Ingbe-Stiftung nur mutmassen. Es gibt allerdings Anzeichen, dass Benko durchaus Schäfchen ins Trockene gebracht haben dürfte. So hat die Ingbe-Stiftung noch im Januar 2023 ein Darlehen von 150 Millionen Euro an die Signa Prime, die wichtigste Immobiliengesellschaft der Signa-Gruppe, vergeben. Das ist dem zweiten Zwischenbericht des Sanierungsverwalters der Signa Prime zu entnehmen, der der NZZ vorliegt.
Die Stiftung könnte nun einen grossen Teil dieses Geldes zurückerhalten, weil just die Tochterfirma, der der Kredit gewährt wurde, verkauft werden soll. In dieser Firma sind prestigeträchtige Liegenschaften in Wien wie das «Park Hyatt» oder das Goldene Quartier gebündelt.
Passend zum Artikel
Moritz Kaufmann
3 min
Moritz Kaufmann
4 min
Matthias Benz, Andrea Martel
5 min
Eva Konzett
6 min