René Benko: Hat er noch Geld? Wie geht es mit der Signa-Gruppe weiter? (2024)

In den vergangenen Wochen sind Dutzende von Firmen aus dem Immobilien- und Handelsimperium von René Benko in die Insolvenz gegangen. Eine Übersicht über den Stand der Dinge.

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Seit rund zwei Monaten ist klar: René Benko ist mit seiner Signa-Gruppe gescheitert. Eine Insolvenz reiht sich an die andere. Ein neuer Höhepunkt war vergangene Woche der Insolvenzantrag der KaDeWe-Gruppe. Für Benko gehörten die deutschen Luxuskaufhäuser zu den Trophäen in seiner Immobilien- und Handelsgruppe.

Die Lage ist inzwischen unübersichtlich geworden. Wegen des unkontrollierten Zusammenbruchs des Signa-Konstrukts stecken bereits Dutzende von Gesellschaften in Insolvenzverfahren. Wie ist der Stand der Dinge, und wie geht es weiter? Eine Übersicht in vier Punkten.

1. Was macht eigentlich René Benko?

Der Firmengründer hat sich nie persönlich zum Niedergang der Signa-Gruppe geäussert. Vor Monaten ist er aus der Öffentlichkeit verschwunden. Klar ist jedoch, dass Benko die Kontrolle über seine Firmengruppe verloren hat. Bei den wichtigsten Gesellschaften haben Sanierungsexperten und von Gerichten eingesetzte Sanierungsverwalter das Ruder übernommen. Ihr Ziel ist es zu retten, was noch zu retten ist.

Die Signa-Gesellschaften hatten zum Teil hohe Schulden aufgetürmt. Die Sanierer versuchen nun, Vermögenswerte zu möglichst guten Preisen zu verkaufen. So soll möglichst viel Geld zusammenkommen, um die Schulden bei den Gläubigern abzutragen – und den Unternehmen vielleicht sogar einen Neustart zu ermöglichen.

Die Sanierer suchen zum Beispiel neue Eigentümer für die stillstehenden Signa-Bauprojekte wie den Elbtower in Hamburg, damit die Bauarbeiten weitergehen können. Ebenfalls sehen sie sich nach Käufern für verschiedene Warenhausketten wie die KaDeWe-Gruppe oder Globus in der Schweiz um. Dabei dürfte der bisherige Miteigentümer bei den Luxuswarenhäusern, die thailändische Central Group, in der besten Ausgangsposition sein.

Wie Benko zu den Entwicklungen steht, lässt sich nur anhand von Aussagen Dritter beurteilen. «Er ist desperat, er kämpft um eine Haltung», sagte der österreichische Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner, einer der wichtigsten Mitinvestoren bei der Signa-Gruppe, jüngst in einem ORF-Interview. Benko scheint das Geschehen nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.

Der Firmengründer dürfte zudem den grössten Teil seines Vermögens, das in den Signa-Gesellschaften steckt und einst mehrere Milliarden betrug, verloren haben. Das heisst aber nicht, dass Benko nun ein armer Mann ist. Er hat wohl in den guten Jahren erhebliche Gewinnausschüttungen aus den Signa-Gesellschaften in seine privaten Familienstiftungen und andere Vehikel transferiert. Die Stiftungen haben den Vorteil, dass die Signa-Gläubiger nicht auf deren Vermögen zugreifen können, selbst wenn Benko juristisch belangt werden sollte.

Dennoch wird die Lage für Benko zunehmend ungemütlich. Vor einigen Tagen hat die Republik Österreich laut Medienberichten einen Insolvenzantrag gegen ihn persönlich gestellt, weil er Steuerschulden nicht bezahlt habe. Das nährt Zweifel an seiner Zahlungsfähigkeit.

Zudem kommen auf den einstigen Immobilienmogul wohl jahrelange Gerichtsprozesse zu. So dürften manche Gläubiger klären wollen, ob Benko persönlich verantwortlich und haftbar gemacht werden kann für den Zusammenbruch der Signa-Gruppe.

Der Firmengründer hatte zwar stets betont, dass er kein formelles Amt im Firmengeflecht innehabe. Aber Mitinvestor Haselsteiner erklärte im ORF-Interview, Benko habe dennoch die Zügel in der Hand gehabt und sehr wohl in Managemententscheidungen eingegriffen. «Dazu sollte er auch stehen.»

2. Was passiert mit den Warenhäusern?

Den direktesten Kontakt mit Benkos Signa-Gruppe haben die Menschen in den Warenhäusern. Zur Gruppe gehört vollständig die deutsche Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof. An den Luxuswarenhausketten KaDeWe (Deutschland), Globus (Schweiz) und Selfridges (Grossbritannien) ist Signa hälftig beteiligt, die andere Hälfte gehört der thailändischen Central Group.

Viele Warenhäuser stecken mittlerweile in Insolvenzverfahren. Die KaDeWe-Gruppe hat vergangenen Montag Insolvenz angemeldet. Galeria durchläuft seit Anfang Jahr das dritte Insolvenzverfahren in vier Jahren.

Dennoch sind die Warenhäuser – zur Überraschung mancher Kunden – weiterhin normal geöffnet. Das hat damit zu tun, dass eine Insolvenz nicht automatisch das Ende eines Unternehmens bedeutet. Die Warenhausketten stecken vielmehr in Sanierungsverfahren, die den Weiterbetrieb sichern sollen.

Der Galeria-Insolvenzverwalter sucht aktiv nach einem Käufer für die Warenhauskette, Interessenten müssen ihre ersten Angebote bis 11.Februar abgeben. Bei der KaDeWe-Gruppe sowie bei Globus und Selfridges gilt die Central Group als natürliche Käuferin der Signa-Anteile. Aber die Thailänder lassen sich nicht drängen und verhandeln dem Vernehmen nach hart um die Konditionen.

3. Wie geht es auf den Baustellen weiter?

Als im vergangenen Herbst auf der Baustelle des Elbtowers in Hamburg die Bauarbeiten stillstanden, wurde dies für eine breite Öffentlichkeit schlagartig zum Symbol für Benkos Niedergang. An der Situation hat sich wenig geändert. Beim Elbtower ruhen die Arbeiten immer noch, ebenso auf zahlreichen anderen Baustellen der Signa-Gruppe.

Für hitzige Debatten sorgt der Stillstand in Wien. An der Mariahilfer Strasse, der wichtigsten Einkaufsmeile der Stadt, wollte die KaDeWe-Gruppe das Luxuskaufhaus Lamarr errichten. Aber es steht erst der Rohbau, zudem hat die Immobiliengesellschaft vergangene Woche Insolvenz angemeldet. Stadtpolitiker und Anwohner befürchten eine Bauruine. Als Retter käme die beteiligte Central Group infrage, aber das Wiener Kaufhaus dürfte für die Thailänder keine strategische Priorität haben. Womöglich müssen sich andere Investoren finden.

Weiterhin gearbeitet wird allerdings auf der Baustelle des neuen Globus-Gebäudes in Basel. Der Grossumbau solle wie geplant bis Herbst 2025 fertiggestellt werden, sagen involvierte Personen. Es ist fast die einzige Baustelle in der Signa-Gruppe, auf der es noch weitergeht.

4. Ist ein Ende der Insolvenzverfahren absehbar?

Aus den zahlreichen Insolvenzen in der Signa-Gruppe ragen drei heraus: jene der Dachgesellschaft Signa-Holding und jene der zwei wichtigsten Immobiliengesellschaften Signa Prime und Signa Development. Alle drei Gesellschaften sind in Österreich domiziliert und haben am Wiener Handelsgericht sogenannte Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung beantragt. Das heisst, dass das Management den Betrieb vorerst weiterführen kann. Gleichzeitig prüft ein gerichtlich bestellter Verwalter, ob die Sanierungspläne der Unternehmen realistisch sind.

Bereits zeichnet sich ab, dass die Verfahren mehr Zeit beanspruchen werden als üblich. Die Sanierungsverwalter müssen sich einen Überblick verschaffen: einerseits über die Vermögenswerte der Firmen und anderseits darüber, welche Forderungen von Gläubigern berechtigt sind.

Das gestaltet sich kompliziert, weil die Signa-Gruppe enorm verschachtelt ist und es zwischen den verschiedenen Gesellschaften zahlreiche finanzielle Verflechtungen gibt. So stellte der Sanierungsverwalter der Signa-Holding nach einer ersten Prüfung im Dezember konsterniert fest, das vorläufige Organigramm der Gruppe umfasse insgesamt 46 Seiten im A3-Format.

Den verschiedenen Sanierungsverwaltern der drei Gesellschaften ist es bis jetzt nicht gelungen, sich zu koordinieren. Zudem werden sie erst gegen den Frühling hin mehr dazu sagen können, ob die Sanierungspläne realistisch erscheinen und mit welchen Rückzahlungen die Gläubiger rechnen können.

Vorerst haben die Verwalter damit begonnen, etwas Tafelsilber aus dem Signa-Reich zu verkaufen. Der Privatjet der Signa-Holding, den Benko rege genutzt hat, wird abgestossen. Es laufen Gespräche zur Veräusserung des berühmten Chrysler Building in New York, das Benko in einer Nebengesellschaft gehalten hat. Das Büroinventar aus dem noblen Signa-Sitz im Wiener Innenstadtpalais Harrach wird versteigert.

Es sind die Anfänge eines langwierigen Aufräumprozesses. Bis die zahlreichen Insolvenzverfahren in der Signa-Gruppe abgeschlossen sein werden, könnte es noch Jahre dauern. Das Gleiche gilt für allfällige Gerichtsprozesse. Das Benko-Drama dürfte die Öffentlichkeit noch eine Weile beschäftigen.

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